Das Drei-Personen-Stück Kneipp, Virchow und die Dämonen des Dr. Koch von Klauspeter Bungert ist neu in Buchform erschienen. In:

 

Klauspeter Bungert: Dramen. Band 5. 11 Kammerspiele.

Verlag 28 Eichen, Barnstorf 2023. 292 S. 25,- €.

ISBN: 978-3-96027-139-0

 

Pfarrer Kneipp, vom Papst gerade zum Monsignore ernannt, und Virchow begegnen sich auf der Rückreise gen Norden im Zug. Sie tauschen sich unter dem Siegel der Vertraulichkeit und fast spontan entstehenden persönlichen Zutrauens über generelle Fragen der Heilkunst, das Verhältnis von Natur und Mensch, Empirie und Theorie aus. Kneipp gesteht dem kirchenfernen Forscher, wie er den eigenen Widerspruch zwischen dem Zölibatsgebot seiner Kirche und seinem Naturverständnis in Einklang bringt. Virchow, den neben der Medizin ein sozialpolitisches Engagement im Berliner Reichstag umtreibt, berichtet voller Skepsis von den Forschungen seines Kollegen Robert Koch. Koch will beweisen können, daß Kneipp die Tuberkulose, die er mit Halbbädern in der Donau auskuriert haben will, einem Erreger verdankte.

 

Koch gelang es erstmalig, den Erreger der Tuberkulose, wie er denkt, fotografisch zu dokumentieren. Virchow erkennt seine Forschungen mit Einschränkung an, behauptet aber, Krankheiten entstünden aus mißlichen Lebensverhältnissen und nicht aus bloßem Kontakt mit Erregern. Kochs Erregerkonzept würde am Ende nur dazu dienen, die Armen weiter in ihrem Elend zu belassen und nichts für die Verbesserung ihrer Lebensumstände zu tun. Virchows Hinweis auf einen Priester, dem es gelungen sei, Tuberkulose ohne Zutun eines Arztes zu heilen, kommentiert Koch mit der Unterstellung, dann könne es sich nicht um eine Tuberkulose gehandelt haben. Virchow schlägt vor, Kneipp zu einer Vortragsreihe in die Charité nach Berlin einzuladen und bei dieser Gelegenheit um eine Gewebeprobe zu bitten.

 

Kneipp liefert die Gewebeprobe ab. Koch untersucht den Abstrich und sieht zu seinem Verdruß Kneipps Behauptung der Heilung einer echten Tuberkulose durch Wasseranwendung bestätigt. Virchow möchte eine Sebastian-Kneipp-Abteilung in der Charité anregen und diskutiert mit Kneipp deren Kernstücke, denn einige der fünf „Kneippschen Säulen“ würden in Berlin dank seiner, Virchows, Initiative bereits von der Reichsregierung angegangen.

 

Eine Begegnung Kneipps mit zwei der berühmtesten deutschen Ärzte der Zeit ist nicht bekannt und freie Erfindung des Autors. Die Konstellationen des im Hinblick auf Kneipps 200. Geburtstag 2021 entworfenen Kammerstücks ermöglichen aber eine neue Einordnung Sebastian Kneipps in die medizinischen Kontroversen seiner Zeit. Es ging um nicht weniger als die alte Frage, ob der Erreger oder das Milieu beim Zustandekommen einer Krankheit bedeutsamer sei.

 

 

 

Inhalt

  • Schönheit ist anonym

  • Robert in Endenich

  • Robert und Clara

  • Venedig Februar 1883

  • Die Verschwörung der Brückengegner zu Genua

  • Kneipp, Virchow und die Dämonen des Dr. Koch

  • Glenn und sein Verehrer

  • Furtwänglers Geist

  • Marx und Darwin streitend

  • Ich, Jesus Christus, widerrufe

  • Guantanamo

 

Bühnen- und Aufführungsrechte: CANTUS Theaterverlag
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